Diversität – Alle sind willkommen!

Diversität, Chancengleichheit, Inklusion und Zugehörigkeit sind eng mit Selbstmitgefühlstraining verbunden. Je besser wir unsere Identität bzw. Identitäten und die Bedingungen, die sie geformt haben, verstehen, desto leichter fällt es uns, uns selbst mit Mitgefühl zu begegnen. Unsere Identitäten können sichtbar sein, z.B. Alter, Geschlecht, Körpertyp, Ethnie, oder weniger sichtbar, z.B. sexuelle Orientierung, Geschlechtsidentität, Religion, Familienstand, chronische Erkrankung, sozioökonomischer Status. Einige Identitäten verleihen uns Macht und Privilegien, doch andere lassen uns Ausgrenzung und Ablehnung erfahren, was sehr schmerzhaft ist. Hier braucht es Mitgefühl für uns selbst: Den Schmerz klingt auch sondern wird Zusammenarbeit wechseln wahrnehmen (Achtsamkeit), sich verbunden zu fühlen mit Gleichgesinnten (gemeinsames Menschsein), uns Freundlichkeit und Verständnis entgegen zu bringen und uns das zu geben, was wir brauchen (Selbstfreundlichkeit) – die drei Komponenten des Achtsamen Selbstmitgefühls.

Uns selbst und anderen mit Mitgefühl zu begegnen, setzt voraus, Respekt für Unterschiede zu entwickeln: Unterschiede in Bezug auf andere Menschen und in Bezug auf unsere eigenen unterschiedlichen Identitäten. Alle sind willkommen!

„Wir wollen im MSC-Kurs einen „Mut-Raum“ schaffen, in dem sich alle so, wie sie sind, sicher und willkommen fühlen können. Hierfür lohnt es sich, uns daran zu erinnern: Wir sind alle verschieden. Wir alle sind Menschen. Jede und jeder hat eine Stimme. Jede und jeder gehört dazu.“


Aus: Handbuch für den Unterricht – Center vor Mindful Self-Compassion

Achtsames Selbstmitgefühl für die LSBTIQ+ Community

Beim achtsamen Selbstmitgefühl für die LSBTIQ+ Community geht es darum, einen sicheren und mutigen Raum zu schaffen, in dem sich jeder und jede, der oder die sich als Mitglied der LSBTIQ+ Community versteht, wohlfühlt. Daher laden wir bewußt Nicht-Mitglieder der LSBTIQ+ Community aus, um unter uns zu sein.

Durch diesen geschlossenen Rahmen brauchen wir nichts erklären, brauchen wir uns selbst nicht erklären, und sind unter uns. Dennoch ist jeder von uns so vielfältig wie die Buchstaben des LSBTIQ+ Akronyms. Auch wenn wir uns mit diesen Buchstaben identifizieren, so sind wir alle Individuen und auch hier grundverschieden. Damit öffnet sich jeder einzelne Buchstabe dieser Vielfalt. Diese Vielfalt wollen wir respektieren und ein geschlossener Raum hilft uns dabei uns dieser Vielfalt zu öffnen. Wir können Dinge ansprechen, die wir sonst vielleicht nicht ansprechen würden.

Warum brauche ich als Mitglied der LSBTIQ+ Community Selbstmitgefühl?

Als Mitglieder der LSBTIQ+ Community sind wir Mitglieder einer Minderheit. Oft bestimmen Isolation, Trauma, Unterdrückung und gesellschaftliche Aggression unser Leben. Trotz allem erreichten Fortschritts sind Vorurteile, Homophobie und Intoleranz noch stark in der Gesellschaft verankert, oft auch in der LSBTIQ+ Community selbst.

Achtsames Selbstmitgefühl hilft, sich den Themen Homophobie, Selbsthass und Selbstablehnung zuzuwenden, und zuerst einmal bei sich selbst zu schauen. Es geht zum Beispiel darum, die eigene Selbstablehnung zu erkennen (Achtsamkeit) und uns bewusst zu werden, dass wir mit damit nicht alleine sind (gemeinsames Menschsein). Ferner geht es darum, uns selbst gegenüber eine liebevolle Haltung zu entwickeln, weil wir leiden und weil es uns nicht gut geht (Selbstfreundlichkeit). Es geht darum, Gefühle wie Ohnmacht, Scham und Ablehnung bewusst anzunehmen und zu fühlen: „Fühle es, um es zu heilen,“ heißt es beim Achtsamen Selbstmitgefühl. Und wir können das gemeinsam lernen.

Funktioniert achtsames Selbstmitgefühl?

Mittlerweile gibt es mehr als 1600 wissenschaftliche Forschungen, die belegen, wie wirksam achtsames Selbstmitgefühl ist. Achtsames Selbstmitgefühl steigert unser Wohlbefinden, unsere Resilienz und stärkt unsere Gesundheit. Tom Bruett, ein Psychotherapeut aus San Francisco schreibt, dass achtsames Selbstmitgefühl die Selbstakzeptanz bei schwulen Männern bekräftigt. Eine Studie zur Stigmatisierung durch HIV belegt, dass Selbstmitgefühl Depressionen und Angst senkt und einem hilft mit Stigmatisierung umzugehen (Skinta et al., 2018). Eine weitere Studie bezüglich LGBTQ Jugendlichen zeigt, dass Selbstmitgefühl verinnerlichte Homophobie mindert und den Selbstwert steigert. Die betroffenen Jugendlichen sehen ihre Erfahrung weniger unter den Gesichtspunkten der Isolation und Abnormität als ein Teil der Erfahrungswelt des gemeinsames Menschseins (Hatchel, 2018, p. 5). Sie fühlen sich nicht alleine.

Achtsamen Selbstmitgefühl ist eine angeborene Ressource, die wir alle haben und die trainiert werden kann. Wir haben sie bei uns und können immer darauf zugreifen, wenn wir sie brauchen, zum Beispiel, wenn wir Stigmatisierung und Ausgrenzung erfahren und dabei schwierige Gefühle wie Scham und Wut in uns aufsteigen. In diesen Momenten können wir uns selbst mit liebevoller Güte begegnen. Achtsames Selbstmitgefühl heißt dabei auch nicht Resignation; im Gegenteil, achtsames Selbstmitgefühl macht uns stärker, so dass wir in Aktion treten können und unsere Anliegen vortragen können, mit Weisheit und Selbstfürsorge.

Ein Meditationslehrer aus Myanmar sagte einmal, „Wenn der Sonnenschein der liebevollen Güte auf die Tränen des Leidens trifft, dann erscheint der Regenbogen des Mitgefühls.“ Und wo strahlt der Regenbogen stärker als in der Regenbogenfahne der LSBTIQ+ Community?

Achtsames Selbstmitgefühl stärkt und ermutigt. Es geht darum, dem Schmerz liebevoll zu begegnen und das Leiden in Stärke zu wandeln und uns Mitgliedern der LSBTIQ+ Community zu helfen, ein erfülltes und selbstständiges Leben zu führen, das so facettenreich ist wie die Regenbogenfahne der LSBTIQ+ Community.

(LSBTIQ+Text von Markus Bohlmann)

Meditation: Willkommen an unser (schwules) Selbst (ca. 14 Min.)

gesprochen von Markus Bohlmann

Das neu entwickelte MSC-Programm für die LSBTIQ + Community finden Sie in der Kurssuche.