„Mit Selbstmitgefühl schenken wir uns selbst die gleiche Güte und Fürsorge, die wir auch einem guten Freund oder einer guten Freundin schenken würden.“

(Kristin Neff)

Mitgefühl für uns selbst unter­scheidet sich nicht vom Mitgefühl für andere. Selbst­mitgefühl bedeutet, uns selber in schwierigen Zeiten, wenn wir scheitern oder wenn wir etwas an uns bemerken, was uns nicht gefällt, in der gleichen verständnis­vollen und unter­stützenden Art und Weise zu begegnen, wie wir einem guten Freund oder einer guten Freundin begegnen würden. Anstatt mit zusammen­gebissenen Zähnen den eigenen Schmerz auszu­blenden, halten wir inne und sagen zu uns selbst: “Dies ist echt schwer gerade. … Wie kann ich mich trösten und versorgen in diesem Augen­blick?”

Selbst­mitgefühl ist kein Selbst­mitleid. Wenn man Selbst­mitleid empfindet, dann taucht man völlig ein in die eigenen Probleme und vergisst, dass andere eben­falls ähnliche Probleme haben. Selbst­mitleid verstärkt meist das ego­zentrische Gefühl des Getrennt­seins von allen anderen und führt oft zu einem noch größeren Ausmaß an persön­lichem Leiden. Achtsames Selbst­mitgefühl dagegen ermöglicht es, etwas Abstand zu gewinnen zu der Situation und eine ausge­glichenere Perspek­tive zu entwickeln, aus der heraus wir mit­fühlend mit uns selbst umgehen können – ohne Drama.

Selbst­mitgefühl bedeutet, angesichts unserer Fehler freundlich und verständnis­voll uns selbst gegenüber zu bleiben, anstatt uns hart zu verurteilen oder uns scharf für alle vermeint­lichen Unzuläng­lich­keiten zu kritisieren. Wer hat denn je behauptet, dass man perfekt sein muss? Wir können selbst­verständlich versuchen, uns selbst oder unser Verhalten zu ändern. Mit Selbst­mitgefühl geschieht das jedoch, weil wir uns selbst am Herzen liegen und nicht, weil wir inakzep­tabel und wertlos wären, so wie wir jetzt sind. Mitgefühl mit sich selbst zu haben bedeutet letztlich, dass man seine Mensch­lichkeit annimmt und würdigt. Die Dinge gelingen nicht immer so, wie wir sie gerne hätten. Wir erleben Frustration und Verluste, wir machen Fehler, stoßen an unsere Grenzen und bleiben hinter unseren Ideal­vorstel­lungen zurück. Das ist einfach die menschliche Natur.